Ein (Arbeits-) Leben für die Pflege
Ruhestand nach über 40 Jahren in der Pflege
Mit 64 Jahren geht Helga Lembcke diesen Oktober in den Ruhestand und blickt dabei auf 41 Jahre in der Pflege zurück. Fast ein bisschen unglaublich, wenn man bedenkt, welche Anstrengungen – physisch wie psychisch – die Arbeit in diesem Bereich mit sich bringt. Pflege und Helga, das war keine Liebe auf den ersten Blick, doch rückblickend betrachtet sagt sie stolz: „Die Pflege war meine Bestimmung. Ich wurde dazu geboren, ich hatte das in mir! Und der ASB und ich, wir haben zueinander gehalten, in guten wie in schlechten Tagen.“
Der Weg in die Pflege
Helga Lembcke wurde 1960 geboren und begann ihre berufliche Laufbahn in der Landwirtschaft – eine ihrer wenigen Möglichkeiten überhaupt auf eine Ausbildung damals in der DDR. Dass sie da aber nicht bleiben wollte, war ihr schnell klar und als sich durch eine zufällige Begegnung mit einer Bekannten eine neue Chance auftat, ergriff sie sie: Sie wurde Mitarbeiterin im Reinigungsteam eines Pflegeheims. Das Pflegeheim, in dem die gebürtige Mecklenburgerin ihr Arbeitszuhause finden sollte.
Das alte Pflegeheim, in dem sie ihre Laufbahn begann, war ganz anders als die modernen Einrichtungen von heute. Es hatte Ofenheizungen, einen gemeinsamen Waschraum und eine einzige Toilette für den gesamten Flur. Doch für Helga war es „herrlich, alt und herrlich“, erinnert sie sich mit einem melancholischen Lächeln, als sie den Kopf hebt und einen kurzen Blick über die Straße wirft. Denn nur einen Steinwurf entfernt vom heutigen Pflegeheim in Schwaan entschied sie sich damals, ihren sicheren Job als Reinigungskraft aufzugeben, um in die Pflege zu wechseln.
Eine Quereinsteigerin aus Leidenschaft
Und das, obwohl sie lange mit der Entscheidung haderte. „Ich war jung. Und unerfahren. Ich fühlte mich nicht wohl in der Gegenwart von Kranken und Sterbenden.“, gibt sie zu. Eine Bekannte half ihr schließlich mit einfachen, aber bedeutungsvollen Worten: „Mensch Kind, der Tod gehört zum Leben dazu. Ein toter Mensch ist doch der, der dir nichts mehr tut. Das sind die friedlichsten Menschen.“ Diese Erkenntnis gab Helga den Mut, sich der Pflege zu widmen.
Ihre Ausbildung erfolgte nicht formal, sondern durch praktische Erfahrung. „Zu DDR-Zeiten hat man das einfach alles gemacht“, erzählt Helga. Das war 1983 und das Pflegeheim, was damals noch Feierabendheim hieß, war staatlich geführt. Mit der Zeit wurde das Pflegeheim Teil des ASB und 1995 gab es den Umzug in den modernen Neubau „An der Beke“. Für Helga eine ganz besondere Zeit, denn die erste Einrichtung des neuen Pflegeheims stammte teilweise von der Belegschaft selbst. „Wir haben uns praktisch ein kleines Zuhause außerhalb von unserem Zuhause eingerichtet. Das hatte eine besondere Atmosphäre und wir haben uns sofort wohlgefühlt und mit dem Heim identifiziert.“
Die Veränderungen der Pflege
Helga hat in ihren 41 Jahren viel Wandel erlebt. Früher waren die Bewohnenden jünger, dadurch deutlich fitter und so standen gemeinschaftliche Aktivitäten oft an der Tagesordnung. „Man saß abends zusammen, hat Handarbeit gemacht, ist durch den Park spaziert, hat sich unterhalten“, erzählt sie. Daran denkt die zukünftige Rentnerin gerne zurück. „Wer nimmt sich denn heutzutage wirklich noch die Zeit dafür?“, fragt sie nachdenklich.
In den ersten Jahren ihrer Karriere erledigte Helga noch viele Aufgaben selbst, wie das Waschen der Wäsche, kleinere Reparaturen, Einkäufe erledigen für „ihre“ Senior:innen. Diese enge Verbindung zu den Bewohnenden und die familiäre Atmosphäre der kleinen Wohnbereiche liebte Helga wohl am meisten an ihrer Arbeit.
Herausforderungen und Erfolge
Der Wandel in der Pflege ging auch an Helga nicht spurlos vorbei. „Ich hatte so meine Probleme, mich an die Größe der neuen Einrichtung und die beginnende Schnelllebigkeit der Zeit zu gewöhnen.“ Bald darauf zwang sie ein Burnout zu einer Auszeit. Doch Gesprächstherapie und das Entgegenkommen ihrer Kolleg:innen brachten sie durch diese Phase ihres Arbeitslebens. Mit ihrer Rückkehr in den Dienst übernahm sie ein wenig zögerlich einen kleineren Wohnbereich für demente Patienten. Was für sie zunächst ebenso unvorstellbar wie ungewohnt war, sollte ihr berufliches Ankommen werden. Diese Aufgabe gab ihr die Ruhe und Entschleunigung, die sie in den größeren Heimbereichen vermisst hatte. „Mit dementen Menschen zu arbeiten, braucht viel Geduld, aber die hatte ich in den vergangenen Jahren entwickelt“, sagt sie.
Jahre, in denen sie viele Kolleginnen und Kollegen hat kommen und gehen sehen. Kolleg:innen aus ihrer Anfangszeit sind keine mehr da. „Die sind alle woanders oder mittlerweile auch im Ruhestand.“ Besonders stolz macht sie die Entwicklung vieler Mitarbeiter:innen, „denn in jeder Karriere steckt immer auch ein Stückchen des Teams drin.“
Der Abschied
Helga geht mit gemischten Gefühlen in den Ruhestand. Sie wird die enge Beziehung zu den Seniorinnen und Senioren und die gute Stimmung unter den Mitarbeiter:innen vermissen. Doch sie weiß auch, dass jetzt der richtige Moment gekommen ist: „Ich merke langsam, dass die Distanz zu den jüngeren Generationen wie unseren Azubis immer größer, für mich teilweise unüberbrückbar wird.“
Helga hat in ihren 40 Jahren in der Pflege viel erlebt und bewirkt. Ihr Engagement und ihre Leidenschaft sind beispiellos. Ab jetzt beginnt eine neue Lebensphase, in der Helga vor allem ganz viel Zeit mit ihrer Enkeltochter verbringen wird.
Liebe Helga, sei Dir gewiss: Die Küche wird immer eine Tafel Kinderschokolade bereithalten, falls Du mal zu Besuch kommst.