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ASB Neubrandenburg/Mecklenburg-Strelitz

„Kein Kind, kein Jugendlicher geht verloren.“

Vor fünf Jahren wurde in der Neubrandenburger Oststadt mit „Ein Quadratkilometer Bildung“ ein Programm ins Leben gerufen, das in dieser Form bis heute einzigartig in Mecklenburg-Vorpommern ist. Der Plan dahinter ist, sämtliche Bildungs-Akteure innerhalb eines Sozialraums zusammenzubringen und miteinander zu vernetzen, um gemeinsam Kindern und Jugendlichen des Viertels gerechte Bildungschancen zu ermöglichen. Das Zwischenfazit zeigt: Das Unterfangen ist extrem anspruchsvoll, aber der Plan geht auf. Auch dank des engagierten Mitwirkens des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB).

Ein Quadratkilometer Bildung in Neubrandenburgs Oststadt


Vor fünf Jahren wurde in der Neubrandenburger Oststadt mit „Ein Quadratkilometer Bildung“ ein Programm ins Leben gerufen, das in dieser Form bis heute einzigartig in Mecklenburg-Vorpommern ist. Der Plan dahinter ist, sämtliche Bildungs-Akteure innerhalb eines Sozialraums zusammenzubringen und miteinander zu vernetzen, um gemeinsam Kindern und Jugendlichen des Viertels gerechte Bildungschancen zu ermöglichen. Das Zwischenfazit zeigt: Das Unterfangen ist extrem anspruchsvoll, aber der Plan geht auf. Auch dank des engagierten Mitwirkens des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) und der Lebenshilfe Neubrandenburg.

Halbzeit im Osten der Vier-Tore-Stadt. Dass die Hälfte der angesetzten Dauer schon um sein soll, können die Beteiligten kaum glauben. Und auch wenn kaum Zeit zum Verschnaufen bleibt – es geht schließlich weiter, immer weiter – ist an dieser Stelle ein kurzer Blick zurück mehr als erlaubt. Schließlich wurde trotz schwieriger Bedingungen und zahlreicher Diskussionen Chance um Chance genutzt. Zum Wohle einer gesamten Gesellschaft. Das, was die Menschen hier zusammenbringt, ist sicherlich auch mal der Fußball oder eine andere Sportart, klar. Aber in jedem Fall ist es die zusammenhängende Bildungsarbeit, die in diesem Stadtteil seit Jahren dank eines unvergleichbaren Programms geleistet wird.

Ein großes Versprechen

Im Februar 2015 wurde in Neubrandenburg „Ein Quadratkilometer Bildung“ durch die Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) Mecklenburg-Vorpommern e. V., die Amadeu Antonio Stiftung, die Freudenberg Stiftung, die Günther Weber Stiftung, die Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft (NEUWOGES) und die Stadt Neubrandenburg ins Leben gerufen wurde. Als zentraler Projektort wurde die Oststadt ausgewählt, die aufgrund unterschiedlicher soziokultureller Faktoren eben jene gesellschaftlichen Herausforderungen bereithält, die mithilfe des Programms bewältigt werden sollen. Der Schlüssel, um gegenseitige Hemmnisse und Vorurteile abzubauen, um aufeinander zuzugehen, um Integration zu gewährleisten, ist Bildung. Und Bildung bedarf Zeit und benötigt nachhaltige Strukturen. Deshalb wurde die Programmzeit auf zehn Jahre festgesetzt und das Einhalten dieser bemerkenswerten Förderdauer von den Partnern der gemeinsamen Initiative versprochen.

Die Erfolge der ersten fünf Jahre können sich sehen lassen. „Innerhalb der Oststadt ist vieles enger zusammengewachsen. Die Brücken, die wir gebaut haben, sind stabil. Man greift schneller zum Telefon, weil wir uns beispielsweise im Rahmen von Weiterbildungen und Gesprächen kennengelernt und dadurch Vertrauen zueinander aufgebaut haben. Dadurch sind wir nicht nur auf unsere Arbeit bedacht, sondern auch sensibilisiert für die Arbeit in anderen Bereichen“, beschreibt Jutta Schöning das neu entstandene Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Bildungsträgern in der Oststadt. Sie selbst leitet den Hort der Neubrandenburger Lebenshilfe und ist damit aktiver Part im Quadratkilometer. Genau wie Heike Laabs vom zweiten Hort im Kiez, der vom Arbeiter-Samariter-Bund Regionalverband Neubrandenburg/Mecklenburg-Strelitz e.V. betrieben wird. Die beiden sind ein fester Bestandteil des mittlerweile etablierten Bildungsnetzwerkes, dem auch Vertreter*innen der vier Kitas, der Grundschule und der Regionalen Schule angehören.

Bei der pädagogischen Werkstatt laufen alle Fäden zusammen

Thomas Evers von der pädagogischen Werkstatt der RAA leitet und organisiert die Verzahnung der verschiedenen Träger und Einrichtungen innerhalb des Programms. Die Ziele von „Ein Quadratkilometer Bildung“ sind hochgesteckt – und unerreichbar, wenn keine Zusammenarbeit stattfindet. „Zunächst ging es darum, alle Akteure an einen Tisch zu bekommen und die Idee des Programms näherzubringen. Für uns alle war klar: Wir möchten gemeinsam für gute Bildung in der Oststadt sorgen“, erzählt Thomas Evers von den Anfängen. Die Netzwerkarbeit bildet das Fundament für viele weitere Aktionen und Maßnahmen, mit denen Kinder und Jugendliche gestärkt und beteiligt, Förderlücken erkannt, Eltern mitgenommen, Ehrenamtliche eingebunden und Fachkräfte unterstützt werden sollen. Evers ergänzt: „Um diese Ziele langfristig zu schaffen, arbeiten wir in unserem sogenannten Zwei-Schritte-Verfahren. Im ersten Schritt versuchen wir, akute Brandherde mit kurzfristigen Aktionen zu löschen. Der zweite Schritt ist auf darauf ausgelegt, strukturelle Veränderungen zu erzielen und diese nachhaltig zu gestalten.“ In diesen Bereich fällt auch das erste Schwerpunktthema des Programms: Übergänge.

Die Erfolge im Detail

Einmal im Quartal tagt die Gruppe Übergänge, um den Wechsel vom Kindergarten in die Grundschule bzw. in den Hort so angenehm wie zu gestalten. Dafür wurde ein Übergangskalender erarbeitet, der es den Beteiligten – sowohl den Bildungsträgern als auch den Kindern und Eltern - leichter macht, Themen und feste Zeiten aufeinander abzustimmen und eigene Angebote sichtbarer darzustellen. Dank regelmäßiger Treffen der Vorschüler*innen in den Horten, die hier bereits verschiedenen Tätigkeiten nachgehen können, wird ein frühzeitiges gegenseitiges Kennenlernen gewährleistet. In der Grundschule finden außerdem immer wieder Schnupper-Aktionen statt, in denen Schulkinder die baldigen Neuankömmlinge durch die Schule führen und Stationen betreuen. Die Gruppe Übergänge war es auch, die auf diesem Gebiet zusammen mit der Universität Rostock Pionierarbeit für das gesamte Bundesland geleistet hat. Vor zwei Jahren wurde in einer Neubrandenburger Kita zum ersten Mal ein sogenanntes Kompetenzportfolio übergeben. Dieses ermöglicht ein differenziertes Bild über den sozialen, kognitiven und emotionalen Entwicklungsstand der Jungs und Mädchen und wird beim Einverständnis der Eltern in einem Übergabegespräch an die Lehrer*innen und Pädagog*innen der Grundschule und der beiden Horte übergeben. Einschulungstests werden dadurch obsolet. Und das Portfolio wird angenommen. 2020 wird es erstmals von allen vier Kindertagesstätten aus der Oststadt verwendet.

Ein weiterer Schwerpunkt mit Erfolgscharakter ist die Durchführung von sozialen Trainings und Weiterbildungen. So fanden im zurückliegenden Jahr beispielsweise 23 dieser Trainingseinheiten für Kinder und Fachkräfte statt, in denen die Mitarbeitenden aus den verschiedenen Einrichtungen Coaching-Methoden erlernen konnten und für die Jungs und Mädchen ein faires Miteinander gelehrt wurde. Denn das ist ein wesentliches Thema bei „Ein Quadratkilometer Bildung“ - im Kindesalter wird schließlich die Grundlage für einen respektvollen Umgang gelegt.

Ein Vorzeigeprojekt hat sich mittlerweile sogar bereits verselbstständigt. Als eine der ersten Aktionen wurde im Quadratkilometer das Morgenlesen gestartet, bei dem Prominente und Vorbilder aus der Vier-Tore-Stadt für Grundschul- und Hortkinder zum Vorlesen vorbeikommen. Als Folge auf das Vorlesen des Polizeipräsidenten Neubrandenburgs entstand beispielweise im vergangenen Sommer ein eigenes Musical, das das Polizeiorchester gemeinsam mit den Kindern aufgeführt hatte und für ein begeistertes Publikum sorgte.

Anpfiff für die zweite Halbzeit

Das Musical war auch kurz vor Weihnachten Thema, als die Programm-Förderer und die beteiligten Vereine und Verbände im Kiez sowie interessierte Neubrandenburger*innen zusammenkamen, um eine Halbzeitbilanz zu ziehen. Das Ergebnis fiel überaus positiv aus. Die Mitarbeitenden haben mit den Kindern bereits so viel auf den Weg gebracht und fest verankert, dass die nächsten Schwerpunkte – wie etwa das digitale Lernen, der verbesserte Übergang von der Grundschule bzw. dem Hort in die Regionale Schule und auch die verbesserte Integration von migrierten Kindern in die einzelnen Bildungseinrichtungen – kommen können. Noch sind mindestens fünf Jahre Zeit, um auch für diese Herausforderungen im Rahmen von „Ein Quadratkilometer Bildung“ kreative Lösungen zu finden und gemeinsam neue Strukturen zum Wohle der Jungs und Mädchen zu schaffen. Mindestens, da die Verantwortlichen der gemeinsamen Initiative laut über eine noch langfristigere Finanzierung nachdenken. Und das ist gut so. Damit wirklich kein Kind, kein Jugendlicher verloren geht.

Mehr Informationen unter www.ein-quadratkilometer-bildung.org/wo/neubrandenburg.